Finja Witte im Interview
Am 26. Oktober gastierten unsere 1. Frauen beim SV Heidekraut Andervenne. Auf der Rückfahrt gab es Gelegenheit für ein Interview mit Finja Witte.
Karsten Schulz: Hallo Finja, wir fahren gerade nach dem 1:1 beim SV Heidekraut Andervenne zurück nach Hamburg. Wie hast Du dieses Spiel empfunden? Du musstest ja tatenlos zusehen.
Finja Witte: Es immer aufregend, die eigene Mannschaft spielen zu sehen. Ich finde, dass wir den Kampf gut angenommen haben. Und nach anfänglichen Schwierigkeiten auch gut ins Spiel gekommen sind.
Karsten Schulz: Wie wichtig war dieser Punktgewinn in der aktuellen Situation Deiner Meinung nach?
Finja Witte: Es war ein sehr wichtiger Punktgewinn, um ein Zeichen in die richtige Richtung zu setzen. Momentan stehen wir eher unten in der Tabelle, auch bedingt durch unsere personelle Situation. Dann ist noch bedeutender, dass wir mit Hilfe von Spielerinnen der 2. Mannschaft und der B-Mädchen Punkte mitnehmen können.
Karsten Schulz: Du hast Dich ja im letzten Heimspiel gegen Bergedorf am Fuß verletzt. Was ist passiert?
Finja Witte: Ich spiele ja in der Innenverteidigung und es kam eine Flanke vor unser Tor. Daher bin zum Kopfball hochgesprungen und beim Aufkommen im durch das Wetter tiefen Rasen umgeknickt. Es knackte laut und ich konnte gar nicht mehr auftreten.
Karsten Schulz: Gibt es schon eine Diagnose?
Finja Witte: Ich konnte sehr schnell, nach nur vier Tagen, ins MRT und es wurde festgestellt, dass die Syndesmose vorn durch- und die hinten angerissen ist. Es sieht so aus, dass ich im Jahr 2014 nicht mehr Fußballspielen kann. Mein Wunsch wäre, so es die Gesundheit erlaubt, in der Halle wieder dabei zu sein.
Karsten Schulz: Finja, Du bist nun in Deiner dritten Saison bei unseren 1. Frauen. Erzähle doch noch mal kurz, wie Du zum HSV gekommen bist.
Finja Witte: Ich war direkt davor bei den 1. Frauen des FC Altona 93. Meine Mannschaft hatte im Herbst 2012 beschlossen, nahezu geschlossen den Verein zu verlassen. Dazu zählten u. a. auch Daniela Marth und ich. Da ich Holger Prischmann, der zu diesem Zeitpunkt HSV-Trainer war, schon aus seiner Trainer-Zeit bei Altona 93 kannte, haben wir bei Holger angefragt, ob ein Wechsel zum HSV möglich sei. Wir sind dann zum Sichtungstraining der HSV-Frauen gegangen. Frank Rost war da auch schon dabei. Danach ging es dann ganz schnell. Meinen ersten Einsatz hatte ich dann noch 2012 in der Halle.
Karsten Schulz: Wie lange hattest Du denn zuvor bei Altona 93 gespielt?
Finja Witte: Drei Jahre sind es gewesen. Davor war ich beim Niendorfer TSV, dem SC Nienstedten und wieder beim Niendorfer TSV. Angefangen habe ich mit 6 Jahren bei TuS Germania Schnelsen. Neben dem Fußball habe ich anfangs auch Tennis beim TSC H. , dem heutigen Racket Inn, gespielt. Das bot sich an, da mein Vater damals Tennislehrer war und auch meine Mutter Tennis gespielt hat. Doch irgendwann stand dann die Entscheidung an, sich auf eine Sportart zu konzentrieren. Ich entschied mich für den Mannschaftssport. Jetzt bleibt es beim gelegentlichen privaten Tennismatch mit Freunden und Familie.
Karsten Schulz: Du hast jedoch nicht nur im Verein, sondern auch für die Hamburger Verbandsauswahl gespielt, richtig?
Finja Witte: Ja, das stimmt. Von der U13 bis zur U21, die es heute nicht mehr gibt, war ich durchgehend im Auswahlkader. Dort lernte ich auch meine heutige Mitspielerin Jana Steen kennen. Das gilt aber auch für etliche Spielerinnen, die jetzt in der Regionalliga bei unseren Gegner spielen, wie etwa die heutigen Bergedorferinnen Anna Hepfer, Finn Müller oder Jennifer Weber. Als Trainerinnen hatte ich dort Ulrike Ballweg, Stephanie Gordon-Hall und schließlich Tanja Wunder.
Karsten Schulz: Stichwort HFV-Sportschule. Dort hast Du ja auch “Sonderschichten” geschoben.
Finja Witte: Wenn Du so willst. Auf dem Trainingsgelände in Jenfeld habe ich am Angebot des Personal Trainings beim Trainer Stefan Simm teilgenommen. Das Angebot musste privat finanziert werden, bei mir durch meine Eltern, und zielte speziell auf Defizite in bestimmten Bereichen ab. So z. B. im Defensivverhalten oder der Technik. Zwei solcher Einheiten, die sich über mehrere Wochen erstreckten, habe wahrgenommen. Ich schätze, ich war etwa 14 oder 15 Jahre alt. Die Gruppen waren bunt gemischt, Jungs und Mädels und verschiedenste Altersklassen. Ich erinnere mich, eine dieser Trainingsstrecke zur Verbesserung der Defensivarbeit gemeinsam mit Marisa Ewers wahrgenommen zu haben, die ja bei auch beim FC Altona 93 war und über den HSV zu Bayer 04 Leverkusen kam.
Karsten Schulz: Beim HSV spielst Du wie bereits erwähnt in der Innenverteidigung. Das war nicht immer so, oder?
Finja Witte: Nein, begonnen habe ich in der Abwehr auf 7er Feld, dann kam das Mittelfeld, auf 11er Feld das zentrale Mittelfeld, also Sechser oder Zehner. In der Auswahl war ich dagegen fast immer Außenverteidigerin. Beim HSV begann ich dann ebenfalls als Außenverteidigerin, spielte aber auch auf der Sechs und jetzt eben unter Ralf Schehr in der Innenverteidigung. Ganz neu ist das für mich nicht, denn unter Holger Prischmann spielte ich bei Altona 93 schon mal auf dieser Position.
Karsten Schulz: Wenn Du Dir eine Wunschposition aussuchen könntest, welche wäre das?
Finja Witte: Am liebsten spiele ich schon auf der Sechs. Das Spiel dort mitgestalten und in der Schaltzentrale mitwirken zu können, hat seinen besonderen Reiz.
Karsten Schulz: In Deinem sportlichen Leben spielt eine Zahl eine besondere Rolle…
Finja Witte: Damit spielst Du sicher auf die “2” an. Stimmt, die hat es mir angetan. In meinen Vereinen war es fast immer möglich, dass ich diese Rückennummer tragen durfte. So auch jetzt beim HSV. Das hat sich im Laufe der Zeit so ergeben und ist jetzt eine lieb gewonnene Gewohnheit.
Karsten Schulz: Fußball ist nicht alles. Wenn kein Training und kein Spiel anstehen, was machst Du dann?
Finja Witte: Nach dem Abitur habe ich eine Ausbildung zur Speditionskauffrau absolviert. Nach deren Abschluss arbeitete ich am Flughafen danach im Warenim- und -export sechs Monate auch in diesem Beruf. Ich habe mich dann aber entschieden zu kündigen und verbrachte zunächst sechs Wochen mit meinem Bruder in Kanada bei unserer dortigen Tante. Es folgte der Beginn meines Studiums „Logistik und Mobilität“ an der Technischen Universität Harburg. Derzeit befinde ich mich dort im 3. von 6 Semestern. Das Studium ist anspruchsvoll, macht aber auch Spaß. Dieses Studium und meinen zusätzlichen Job als studentische Aushilfe im Bereich Logistik mit dem Fußball in Einklang zu bringen, erfordert schon viel Logistik. Insofern kommt mir meine Ausbildung auch hier sehr zu Gute.
Karsten Schulz: Wie sehen aktuell Deine sportlichen Ziele aus?
Finja Witte: Das Ziel ist natürlich, immer höherklassig zu spielen und sich selbst ständig zu verbessern. Mit der Mannschaft möchte ich diese Saison möglichst gut abschließen und wenn irgend möglich den Pokalsieg und Titelgewinn beim Hallenmasters wiederholen. Schön wäre es, wenn ich mit der Mannschaft später mal den Aufstieg in die 2. Bundesliga schaffen könnte.
Karsten Schulz: Könntest Du Dir auch vorstellen, mal in Richtung Trainerlaufbahn zu gehen?
Finja Witte: Ja, gerade die aktuelle Situation, in der ich gezwungenermaßen das Spiel von Außen begleite, lässt diese Gedanken aufkommen. Um die Fußballschuhe nicht ganz an den Nagel hängen zu müssen, sehe ich das jedoch eher nach meiner aktiven Zeit als Spielerin. Ich möchte nichts Halbes machen und mich später voll auf den Trainerjob konzentrieren können. Das Modell von Cathérine Knobloch und Kristin Witte, die die HSV C-Mädchen und HSV D-Mädchen trainieren, würde bei mir schon aus zeitlichen Gründen nicht funktionieren.

Foto: Public Address Preseagentur
Karsten Schulz: Wie wichtig ist Dir der Kontakt zu den Mitspielerinnen auch abseits von Training und Spiel?
Finja Witte: Das finde ich wichtig. Ich versuche, auch immer mal wieder möglichst viele Mitspielerinnen zusammen zu trommeln, um gemeinsame Aktionen zu starten. Das kann ein Kinobesuch sein, wir gehen was trinken, oder treffen uns einfach mal zu einem gemütlichen Abend. Das klappt gut und macht viel Spaß. Ein besonderes Highlight war auch, dass ich direkt nach unserem Pokalgewinn mit Fjolla Gara und Alina Ogundipe gemeinsam nach Barcelona fahren konnte. Wir hatten spielfrei und konnten dort gemeinsam während dieses Kurztripps den Pokalsieg und auch meinen Geburtstag feiern.
Karsten Schulz: Hast Du ein Lieblingsdingbums?
Finja Witte: Natürlich ist mir mein Bruder sehr wichtig, sowie meine ganze Familie auch. Wenn es um einen Gegenstand geht: Meine Fußballschuhe. Zu Weihnachten bekomme ich oft ein neues Paar, das auch gleich angezogen werden muss. Das macht sich zu der festlichen Kleidung dann immer besonders gut.
Karsten Schulz: Finja, vielen Dank für das Gespräch. Ich drücke die Daumen, dass Du in die neuen Schuhe ohne die derzeitige Fußschiene steigen kannst.