Interview mit Frank Rost und Holger Prischmann
hsvfrauen.de: Holger, du bist seit Juli 2012 bei der Mannschaft. Frank, du seit Ende August. Die Ausgangslage im Sommer war ungewohnt „schwierig“, oder?
Holger Prischmann: Die Anfangsphase war schon sehr schwierig. Wir hatten keine Torhüterin und der Kader bestand gerade mal aus zwölf Spielerinnen. Außerdem war gar nicht klar, ob auch alle Spielerinnen so zusammenbleiben.
Frank Rost: Solange wir mit elf Leuten zum Spiel auflaufen können, ist alles andere zu verkraften. Für Holger war es Anfang Juli sicherlich wesentlich schwieriger.
hsvfrauen.de: Die Anfänge waren ja auch dadurch bestimmt, dass der Kader sehr klein war und sich viele Spielerinnen erst auf und neben dem Platz kennenlernen mussten. Wie konntet ihr diesen Prozess begünstigen?
Holger Prischmann: Dadurch, dass sich viele Mädels bereits kannten, war dies eher nicht so schwierig. Da der Kader am Anfang ja doch recht klein war, war es auch nicht schwer, sich schnell kennenzulernen. Durch viele Trainingseinheiten sind die Mädels zu einer guten Einheit zusammen gewachsen.
Frank Rost: Fußball ist ein einfaches Spiel, es benötigt nicht viel Zeit um miteinander zu kicken. Förderlich ist es auch, dass sich die Spielerinnen auch abseits des Platzes sehr gut verstehen. Um aber ein gewisses Niveau zu erreichen, bedarf es schon ein paar Wochen und das geht nur über das Training, Spiele und die eine oder andere gemeinsame Aktion, beispielsweise dem DOM-Besuch.
hsvfrauen.de: Viele Spielerinnen sind noch sehr jung, spielten bisher ausschließlich bei den Juniorinnen oder stehen ganz am Anfang ihrer Karriere bei den Frauen. Irgendjemand hat anfangs mal ‚knapp über 18 Jahre‘ als Durchschnittsalter der Mannschaft ausgerechnet. Wie zufrieden seid ihr mit euren „jungen Hüpfern“, ihrer Akklimatisation und Entwicklung in der Regionalliga Nord?
Frank Rost: Gegen sehr erfahrene Spielerinnen, die zumeist körperlich überlegen sind, zu agieren war bzw. ist noch für einige die größte Herausforderung. Daher ist es wichtig nach alternativen Lösungen zu suchen und Situationen zu erkennen, die von Vorteil oder aber von Nachteil sind.
Holger Prischmann: Wir sind doch sehr positiv überrascht, wie schnell sich die „jungen Hüpfer“ in der Regionalliga etabliert haben. Einige sind schon zu Leistungsträgern geworden.
hsvfrauen.de: Angesichts der Altersstruktur gibt es „Nebenwirkungen“ wie Absagen zu Training oder Spiel wegen Prüfungsvorbereitungen, Fahrschule und so weiter. Wie geht ihr damit um?
Frank Rost: Wenn man aus dem Profibereich kommt, ist das wahrscheinlich die schwierigste Übung für mich. Bei jeder Trainingseinheit zu improvisieren, da man nie wirklich vorausplanen kann. Mit der Zeit habe ich gelernt, damit umzugehen. Jedoch klafft schon jetzt eine Lücke zwischen denen die immer da sind und jenen, die das nicht schaffen können. Eine der größten Herausforderungen in der Zukunft ist, für alle annähernd gleiche Trainingsvolumen zu realisieren.
Holger Prischmann: Leider ist das im Frauenbereich schon immer ein Problem. Dafür, dass viele Spielerinnen einen sehr langen Anfahrtsweg zum Training haben, ist die Trainingsbeteiligung gut.
hsvfrauen.de: Zu Beginn der Saison hieß das Motto: Nur nicht absteigen. Nach Abschluss der Hinrunde stand das Team auf Platz 4. Wie seht ihr die Entwicklung des Teams in den letzten Monaten? Bleibt es beim Saisonziel?
Frank Rost: Mentalität schlägt Klasse und das haben die ”Mädels” unter Beweis gestellt. Wenn wir uns jetzt noch im fußballerischen und taktischen Bereich weiter entwickeln, dann können wir durchaus ein, zwei Plätze nach oben klettern.
Holger Prischmann: Das Team hat sich stetig gesteigert und steht zu Recht im guten Mittelfeld der Regionalliga. Damit hätte sicherlich am Anfang keiner gerechnet. Ziel sollte es sein, diesen guten Platz mindestens beizubehalten.
hsvfrauen.de: Was waren für Euch die Höhepunkte der bisherigen Saison?
Frank Rost: Einmal waren 22 Frauen beim Training. Rekord!
hsvfrauen.de: Gab es auch Tiefpunkte oder Enttäuschungen?
Frank Rost: Die vergesse ich meistens ganz schnell… Irgendwie kann ich mich gar nicht erinnern.
Holger Prischmann: Sicherlich war das Ausscheiden in der ersten Runde im ODDSET-Pokal gegen den SC Eilbek eine große Enttäuschung. Aber auch dies mussten wir als Mannschaft wegstecken und weiter nach vorne schauen.
hsvfrauen.de: Im Winter habt ihr mit Daniela Marth, Finja Witte, Jaqueline Wolf und Henrike Zollfrank vier Neuzugänge bekommen. Was versprecht ihr euch von ihnen?
Holger Prischmann: Die Neuzugänge haben sich gut in das Team integriert und wir sind in der Breite sehr gut aufgestellt.
Frank Rost: Alle vier werden sich reinhängen und die positive Einstellung und Stimmung die in der Mannschaft herrscht weiter festigen.
hsvfrauen.de: Wie steht es um Vanessa Ochs und Anna Schell, die beide einen Kreuzbandriss erlitten hatten? Wann dürfen sich Team und Zuschauer wieder auf beide freuen?
Frank Rost: Beide sind häufig da, fahren mit zu Spielen oder Hallenturnieren und sind voller Ehrgeiz bald wieder auf dem Platz zu stehen. Ich wünsche beiden, dass es ihre einzige Sportverletzung bleibt.
Holger Prischmann: Der Genesungsprozess geht bei beiden Spielerinnen gut voran. Allerdings werden wir beide in dieser Saison nicht mehr auf dem Feld spielen sehen. Zur neuen Saison wird Vanessa wieder voll einsteigen können. Bei Anna wird das noch ein bisschen dauern. Wir sind aber sehr zuversichtlich, dass beide dann wieder voll angreifen können.
hsvfrauen.de: Derzeit befindet ihr euch mitten in der Vorbereitung. Seid ihr im Plan? Wie läuft es?
Frank Rost: Wir trainieren fleißig. Die Wahrheit liegt auf dem Platz und damit für uns für uns Anfang März im Spiel gegen Bremen.
Holger Prischmann: Wir konnten bisher alle Trainingseinheiten durchführen.
hsvfrauen.de: Frank, du hast es erwähnt. Bis zum ersten (Heim-) Spiel am 3. März gegen Werder Bremen ist noch etwas Zeit. An welchen Schwerpunkten wollt ihr bis dahin besonders arbeiten? Wo seht ihr die Stärken der Mannschaft und was muss dringend optimiert werden?
Frank Rost: Nach Möglichkeit weniger Tore zulassen und mehr schießen als in der Hinrunde.
Holger Prischmann: Unsere Stärke liegt ganz klar im defensiven Bereich. In der Offensive muss weiter an der Verwertung der Torchancen gearbeitet werden.
hsvfrauen.de: Habt ihr eine besondere Spielphilosophie oder ein Lieblingsspielsystem, etwa 4-2-3-1?
Holger Prischmann: Im letzten Test haben wir das genannte System in der ersten Halbzeit getestet und in der zweiten Halbzeit wurde auf 4-4-2 mit der Raute umgestellt.
Frank Rost: Wir spielen das System, für das wir die Spielerinnen haben. Im Moment probieren wir viel aus und mit dem festlegen auf etwas, ist das so eine Sache.
hsvfrauen.de: Worauf legt ihr im Training besonders viel Wert und was werden die Spielerinnen eher nicht erleben?
Frank Rost: Der Ball sollte dein Freund sein und deshalb arbeiten wir in jeder Trainingseinheit intensiv an dieser Freundschaft.
Holger Prischmann: Besonders viel Wert wird auf viel Ballarbeit gelegt. Stupides Laufen wird wohl nicht so oft in den Trainingseinheiten vorkommen.
hsvfrauen.de: Wie steht ihr grundsätzlich zu Hallenturnieren? Notwendiges Übel, willkommene Abwechslung?
Holger Prischmann: Ich bin ein großer Freund von Hallenturnieren.
Frank Rost: Bei mir hängt dies stark vom Hallenturnier und dessen Bedingungen ab. Ordentliche Banden wären schon prima.
hsvfrauen.de: Was sagt ihr zum Abschneiden in Elmshorn, Tornesch, Borgloh und Jesteburg?
Frank Rost: Ich hätte mir schon ein paar Tore mehr gewünscht.
Holger Prischmann: Sicherlich hätte bei dem einen oder anderen Turnier eine bessere Platzierung rausspringen können, wenn die vielen Torchancen auch genutzt worden wären.
hsvfrauen.de: Auffällig ist, dass im Vorbereitungsplan keine Spiele gegen Jungs- oder Männermannschaften zu finden sind. Gibt es einen bestimmten Grund dafür, dass ihr ausschließlich gegen Frauenteams testet?
Holger Prischmann: Naja, im Sommer haben wir schon gegen Jungs Teams getestet. Jetzt in der Vorbereitung zur Rückrunde hat sich das einfach nicht ergeben.
Frank Rost: Ich bin der Meinung, wir sollten gegen gute Frauenteams spielen. Diese sind unsere Gegner in der Liga.
hsvfrauen.de: Ihr beide verfügt über jahrelange Erfahrung im Fußball. Wie habt ihr eure Zusammenarbeit organisiert und was reizt euch miteinander und mit der Mannschaft zusammenzuarbeiten?
Frank Rost: Es macht Spaß mit Holger zu arbeiten. Er verfügt über sehr viel Wissen im Frauenfußball und hat darüber hinaus eine riesige Lebenserfahrung, aufgrund derer er den jungen Menschen wertvolle Tipps geben kann. Ich hoffe, er bleibt dem HSV noch lange erhalten.
Holger Prischmann: Die Aufgabenstellung ist klar verteilt, Frank ist der Cheftrainer und ich der Co-Trainer. Jeder weiß, dass ich als „Feuerwehrmann” eingesprungen bin, um den Verein zu helfen. Ich hätte aber aus privaten Gründen einfach nicht die Zeit, die man bräuchte, um den Trainerjob auch wirklich zu 100 % ausüben zu können. Ich helfe und unterstütze, wo ich kann, wir sprechen über mögliche Positionen innerhalb der Mannschaft und über die Aufstellung.
hsvfrauen.de: Frank, unbestritten bist du in der Fußballwelt und darüber hinaus bekannt wie ein bunter Hund. Wie lebt es sich damit, dass man vielerorts, bei Hallenturnieren oder Auswärtsspielen, angesprochen und um Fotos, Interviews oder Autogramme gebeten wird?
Frank Rost: Bunter Hund….ist ein bisschen übertrieben. Alles andere gehört dazu. Im Frauenfußball sind sie alle sehr höflich, da muss ich mich benehmen 😉
hsvfrauen.de: neidisch Holger?
Holger Prischmann: ganz sicher nicht!
hsvfrauen.de: Holger, Du hattest im Sommer gesagt, dass Du nur bis zum Winter die Trainerfunktion ausüben wolltest. Warum? Und wieso kam jetzt der Entschluss, zumindest bis Saisonende dabei zu bleiben?
Holger Prischmann: Mir macht es viel Spaß, mit der Mannschaft zu arbeiten. Die Mädels sind mir schon sehr ans Herz gewachsen.
hsvfrauen.de: Gibt es etwas, auf das ihr euch in den nächsten Monaten besonders freut?
Frank Rost: Ganz klar, länger hell und mehr Sonne.
hsvfrauen.de: Was wollt ihr und die Mannschaft unbedingt bis Sommer noch erreichen?
Holger Prischmann: Wie bereits schon erwähnt, wollen wir unseren bisherigen Tabellenplatz vereidigen und uns gerade in den Heimspielen gegen die sogenannten Großen Wolfsburg und Havelse gut unseren Fans gegenüber präsentieren.
Frank Rost: Ich würde mich riesig freuen, wenn wir dazu beitragen können, dass der Fußball im HSV und außerhalb des HSV positiv in Erscheinung tritt.
hsvfrauen.de: Im Sommer rücken einige der HSV B-Mädchen in den Frauenbereich. Gibt es Kontakte, um die Spielerinnen an euer Team oder die 2. Frauen heranzuführen?
Frank Rost: Natürlich wollen wir allen eine Chance geben. Alle sind über das weitere Vorgehen informiert. Ich gehe davon aus, dass einige Spielerinnen den Sprung schaffen werden.
hsvfrauen.de: „Wenn ich nicht gerade als Trainer für den HSV aktiv bin, dann beschäftige ich mich mit…“
Frank Rost: …z. B. Fußball.
Holger Prischmann: …vielen anderen sportlichen Aktivitäten.
hsvfrauen.de: Wo immer der HSV zuletzt angetreten ist, kam schnell eine Frage: „Wollen die HSV-Frauen zurück in die Bundesliga?“ Was antwortet Ihr?
Holger Prischmann: Das ist sicherlich irgendwann mal das große Ziel, dort wieder hinzukommen. Aber es wird ein langer Weg.
Frank Rost: Da die Frage mit wollen anfängt, sage ich ja. Zumindest sollte der HSV immer das Ziel anstreben, erstklassig zu sein. Das Wort ”erstklassig” ist ja nun mal ein beliebter Werbeslogan des HSV. Steht zumindest bei uns an der Bushaltestelle auf einem Plakat. Wie die Männer wollen wir die Nr. 1 im Norden werden.
hsvfrauen.de: Vielen Dank für das Gespräch.